Sinn und Zweck der Zuchtbuchführung
Die Zuchtbuchführung durch den einzelnen Züchter wird oft vernachlässigt.
Zum einen stecken zeitliche Gründe dahinter oder die Frage nach dem
Sinn. Es ist für jeden Züchter jedoch wichtig, dass er Aufzeichnungen
über seine Zucht führt.
Allein Aufzeichnungen, die im Vereinszuchtbuch geführt werden, sind
für die eigene Zucht nicht ausreichend. Es können wertvolle
Feststellungen getroffen werden, wenn darüber hinaus noch Notizen
gemacht werden.
Natürlich müssen die Elterntiere mit Tätowierung, Deckdatum
und Wurftag, Zahl der Totgeburten und der übrig gebliebenen Jungtiere
aufgezeichnet werden.
Wertvolle Aussagen sind sicherlich Angaben über Gewicht des Wurfes
und dessen Entwicklung. Außerdem sollten Angaben über den Nestbau
und das Aufzuchtverhalten der Häsin nicht fehlen. Hilfreich für
spätere Verpaarungen sich auch Besonderheiten, die den Erbwert einer
Familie betreffen: Dazu gehören Missbildungen (Zähne Gliedmaßen)
und farbliche Abweichungen. Alle diese Aussagen helfen dem Züchter,
die Rassereinheit nachzuweisen und den Zuchtweg über Generationen
zurück zu verfolgen. Es ist eine Art Personalausweis für das
einzelne Tier.
Nicht zu vergessen sind bestimmte Wesensmerkmale der Tiere, wie Bissigkeit
oder Kannibalismus durch das Muttertier. Wer sich noch eine Fleißaufgabe
bereiten will, kann Aufzeichnungen über Besonderheiten im Wurf oder
der Paarung führen. Dies können beispielsweise Angaben über
Wachstum der Jungtiere, Aufnahme der Häsin, Krankheiten im Wurf,
Resistenz gegen Krankheiten sein. In der Angorazucht spielt natürlich
eine besondere Rolle das Leistungsvermögen bezüglich der Wolle.
Detaillierte Aufzeichnungen sind besonders wichtig, wenn
- aus der bestehenden Zucht eine Linienzucht aufgebaut werden soll,
- Fremdverpaarungen vorgenommen werden,
- Sich negative Merkmale in der Zucht breit machen und diese beseitigt
werden sollen (Langhaarfaktor, Durchsetzungen)
- Inzuchtdepressionen auftreten
- Bei spalterbigen Rassen (Schecken...)
- Neuzüchtungen realisiert werden sollen.
Welche Angaben sich der Züchter notiert, da gibt es keine Grenzen.
Es erleichtert in jedem Fall den Überblick zu behalten. Denn wenn
der erste Wurf soweit ist, dass man die Jungtiere von der Mutter wegnehmen
kann und diese bald wieder deckt, so kann es schon manchmal zu Verwechslungen
kommen.
Das Buch, nennen wir es Stallbuch muss nicht in Schönschrift geschrieben
werden. Es reicht, wenn im Stall einige Notizen gemacht werden. Das Anlegen
von Karteikarten hat sich ebenfalls bewährt. Die Aufzeichnungen können
dann in einer ruhigen Stunde in ein gesondertes Buch übertragen werden.
Im Zeitalter des Computers können auch entsprechende Dateien angelegt
werden.
Durch die laufenden Notizen im Stall lernt der Züchter die Tiere
genau kennen. Das erleichtert deren Auslese für die Schauen und Zucht.
Fehler werden frühzeitig erkannt und kommen nicht erst bei der Bewertung
zutage.
Außerdem lassen sich leicht Zuchtziele abstecken, um das zu erreichen,
was man sich mit seiner Rasse vorgenommen hat.
Das gilt natürlich insbesondere für die zugelassenen aber noch
nicht durchgezüchteten Rassen. Und Verbesserungen will doch jeder
Züchter erreichen.
Aufschreibenswert sind gerade die negativen Merkmale der Zuchttiere, wenn
man eine Zucht neu anfängt. Die Notizen lassen einen Vergleich zwischen
dem ersten Wurf, der neu gekauften Elterntiere und aller nachfolgenden
Würfe zu. Das gilt natürlich auch, wenn man ein Tier seiner
Rasse dazugekauft hat und in der Zucht einstellen will. Das kann ein gewisser
Schutz vor bösen Überraschungen über die Jahre gesehen
sein. Wir wissen alle, wie schnell durch den Zukauf von Tieren ein Bestand
geschädigt werden kann. Wenn das Tier den eigenen Bestand verbessert,
dann freut man sich natürlich darüber. Aber wer vergibt sich
etwas, wenn er eine Negativentwicklung dokumentiert und dieser damit entgegenwirken
kann.
Der Züchter, der Aufzeichnungen führt, kann auch einem Käufer
Hinweise bezüglich der Vorfahren des Tieres geben. Viele Züchter
kaufen rein nach dem Aussehen des Tieres. Dann lohnt es sich erst recht,
aufzuschreiben welche Zuchtleistung das neu eingestellte Tier erbringt.
Dann lässt sich auch schnell der Erbwert des Tieres ermitteln und
über Jahre verfolgen.
Auch Bewertungsergebnisse gehören in die privaten Aufzeichnungen.
Sie sollten alle bei Verkauf des Tieres mitgegeben werden. Wenn bei einem
Kauf sämtliche Abstammungsunterlagen fehlen, so sollten nur mit wenigen
sehr guten Häsinnen Paarungen durchgeführt werden. Die F1-Generation
sollt dann mit den Elterntieren rückverpaart werden. So lässt
sich am schnellsten der Zuchtwert des erstandenen Tieres ermitteln. Über
die Ergebnisse dieser Nachzüchtungen sollte genau Buch geführt
werden.
Wir sehen also, dass das Führen privater Aufzeichnungen neben dem
Vereinszuchtbuch schon Sinn macht und uns Aufschluss über Mängel
in unserem Bestand gibt.
„Wer schreibt der bleibt“, sagt ein altes Sprichwort. Dies
trifft ganz besonders auf unsere Zucht zu. Die Qualität des Bestandes
bleibt uns mit Sicherheit erhalten, wenn wir negative Merkmale schriftlich
fixieren, sie damit erkennen und ihnen wirksam entgegen treten können.
Quelle: Aus dem Buch von Heidrun Eknigk, "Kaninchenvererbung", erschienen im Verlag Oertel + Spörer, Reutlingen, 2004
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